OUT OF THE DARK

30 Jahre Sammlung LÜTZE in der Galerie Stadt Sindelfingen

14.03.20-30.08.20

Out of the Dark, 2020, Gestaltung: Matter Of

DIGITALE AUSSTELLUNG: Out of the Dark

Zwei uralte Antagonistinnen treffen in der Ausstellung aufeinander: die Dunkelheit und die Helligkeit. Die Präsentation gliedert sich in die beiden Teile Hello darkness, my old friend und Out of the dark, into the light! Anhand von Werken aus der Sammlung Lütze, der Arbeit monument for V. Tatlin von Dan Flavin, einer Leihgabe der Sammlung Froehlich Stuttgart, und drei jungen zeitgenössischen Positionen, Steffen Osvath, Benjamin Hönsch und Anna-Maria Bogner, zeigen sie den jeweiligen Facettenreichtum, ihre Widersprüche, aber auch ihre Annäherungspunkte. Durch die Verbindung von älteren und jüngsten Positionen verfolgt die Ausstellung ein kuratorisches Kernanliegen des Hauses und macht zum dreißigjährigen Bestehen des Hauses Werke aus der Sammlung für die Öffentlichkeit sichtbar. Die Ausstellung ist auch eine Befragung der eigenen Bestände und eröffnet neue Blickwinkel durch Rekombination und Neuordnung.

Hello darkness, my old friend
Die Dunkelheit bewegt uns Menschen. Oft nehmen wir sie als Bedrohung wahr, weil wir durch sie in unserem Sehsinn eingeschränkt oder seiner gar beraubt werden. Wir verspüren die Angst, dem Nichts gegenüberzustehen. Jedoch sind die Bedeutungen, die ihr zugedacht werden, um einiges facettenreicher. Zum Beispiel steht das Dunkel in der christlichen Religion im Kontrast zu der Erleuchtung – dem Erlangen von Wissen. Die Nacht gilt als Zeit der Ruhe und der Träume und somit auch als Spielfeld der Fantasie. Diese unterschiedlichen Bedeutungsebenen der Dunkelheit finden sich auch in Werken der Sammlung LÜTZE wieder: friedliche oder romantische Nachtstücke; teilweise bedrohliche Landschaftsdarstellungen; Bilder, die stark von den traumatisierenden Erfahrungen der beiden Weltkriege geprägt sind; Auseinandersetzungen mit dem Tod; abstrakte Werke, die das Dunkle aufgrund ihrer intensiven oder sogar spirituellen Wirkung einsetzen. Thematisch geordnet stellen diese Positionen in Hello darkness, my old friend den Versuch einer Annäherung an die Vielschichtigkeit der Dunkelheit dar und untersuchen somit ein kulturelles Phänomen, das Teil unseres existentiellen Daseins ist.

Out of the dark, into the light!
Mit der Farbe Weiß sind kulturell vielfältige Assoziationen verknüpft. In Westeuropa wird Weiß mit Reinheit, Unschuld und Erneuerung verbunden. In afrikanischen Ländern hingegen steht sie für Tod und in China für Alter, Herbst und Hinterlist. Neurologisch betrachtet steht es für die Wahrnehmung von Licht. Die Angst vor dem weißen Blatt und einer Schreibblockade ist in der Literatur ein feststehender Begriff und lässt sich auch auf die leere Leinwand übertragen. Das vermeintliche Weiß antiker Skulpturen war in Renaissance und Klassizismus Ausdruck einer idealistischen Verklärung der Vergangenheit, die so niemals existierte.
Die Arbeit auf hellem Grund und weiße Farbflächen mit minimalistischer Formensprache waren für die Künstler*innen der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts auch eine Abgrenzung zur Schwere der Kunst des 19. Jahrhunderts und standen sinnbildlich für den Aufbruch in eine neue Zeit. In der Kunst nach 1945 findet dieser Aufbruch seine Fortführung durch die Künstlergruppe ZERO. Neben ZERO Künstlern finden sich in der Sammlung, die auf die Sammeltätigkeit von Diethelm Lütze (1931–2014) zurückgeht und die seit 1990 in der Galerie Stadt Sindelfingen beheimatet ist, eine Vielzahl weiterer Werke von 1960 bis in die Gegenwart, die die zentrale Verwendung von Weiß und formalen Minimalismus verbinden. Ein Schwerpunkt hierbei liegt auf Vertreter*innen der Konkreten Kunst aus dem süddeutschen Raum. Die Ausstellung spannt einen Bogen bis in die Gegenwart und zeigt wie diese Tradition in Malerei, Plastik und mit Arbeiten auf Papier bis heute ihre Fortführung findet. Die Künstlerin Anna-Maria Bogner entwickelt eine Arbeit speziell für die Schau in Sindelfingen und setzt ihre Arbeit so in Bezug zu den Werken der Sammlung LÜTZE.

Kuratiert von Madeleine Frey, Sebastian Schmitt und Moritz Schwörer

 

Künstler*innen (Auswahl)

Anna-Maria Bogner (* 1984 in Tirol; lebt in Wien und Düsseldorf), Andreas Bindl (* 1928 in Grünthal; † 2010 in Faistenhaar), Eugen Bracht (* 1842 Morges, Schweiz; † 15. November 1921 in Darmstadt), Rupprecht Geiger (*1908 München; † 2009 ebenda), Hugo von Habermann (* 1849 in Dillingen; † 1929 in München), Marta Hoepffner (*1912 in Pirmasens; † 2000 in Lindenberg), Oskar Holweck (* 1924 in St. Ingbert, Saarland; † 2007 ebenda),  Werner Höll (* 1898 in Freiburg i. Br.; † 1984 in Reutlingen), Benjamin Hönsch (* 1990 in Leipzig; lebt in Stuttgart und Leipzig), Gustav Kampmann (* 1859 in Boppard; † 1917 in Bad Godesberg), Sabine Laidig (1960 in Sindelfingen, lebt in Berlin), Rune Mields (1935 in Münster; lebt in Köln), Hans Molfenter (* 1884 in Ulm; † 1979 in Stuttgart), Ben Muthofer (* 1937 in Oppeln; † 2020 in Ingolstadt), Steffen Osvath (1978 in Aalen; lebt in Stuttgart), Gustav Schönleber (* 1851 in Bietigheim; † 1917 in Karlsruhe), Franz von Stuck (* 1863 in Tettenweis; † 1928 in München), Elfriede Weidenhaus (* 1931 in Berlin; lebt in Erkenbrechtsweiler), Fritz Winter (* 1905 in Altenbögge / Westf.; † 1976 in Herrsching am Ammersee), Klaus Staudt (* 1932 in Otterndorf; lebt in Frankfurt a. M.), Hermann de Vries (* 1931 in Alkmaar; lebt in Knetzgau), Gerhard Wittner (* 1926 in Heidelberg; † 1998 in Frankfurt a. M.)

Nach oben